Erschienen in initiativ 2-2021

Er ist ein Bastler, der sich gerne an neue Dinge herantastet, ein Techniker mit künstlerischer Ader – und er kann sich seinen eigenen Ruhestand überhaupt nicht vorstellen ... Matthias Becker ist seit Jahresbeginn Geschäftsführer der Ingelheimer Kultur- und Marketing GmbH (IKUM) und damit Herr über renommierte Einrichtungen wie die Kultur- und Kongresshalle kING und den Winzerkeller.

Eigentlich ist er ein „Alter Hase“, sogar ein Pionier im Veranstaltungsgeschäft, der seine eigene Bühnen- und Studiotechnikfirma in Ober-Olm führte und nun, in der zweiten Hälfte seines Berufslebens, noch einmal neue Herausforderungen sucht. „Als ich die Stellenanzeigen für einen Geschäftsführer der IKUM in Ingelheim gelesen habe“, war ich sofort angetan von den Möglichkeiten, die sich hier bieten – und von dem Reiz, noch mal etwas Neues zu wagen“, so Becker.
Etwas „Neues“ ist in diesem Fall ein Perspektivwechsel – vom technischen Ausstatter hin zum Veranstalter, der sich aber in Bezug auf die technische Ausstattung seiner Veranstaltungsorte nicht verstecken muss.

Traum Orchesterdirigent

Dabei hätte sein Berufsleben Matthias Becker, der im Ehrenamt auch Ortsbürgermeister seiner Heimatgemeinde Ober-Olm ist, auch in eine ganze andere Richtung leiten können. „Eigentlich war es mein Traum, Orchesterdirigent zu werden“, erinnert er sich. Daraus wurde nichts, doch es eröffnete sich eine andere berufliche Perspektive, die ihm zwar nicht das musikalische Dirigat ermöglichte, wohl aber das technische. „Ich bin hinter den Kulissen des Theaters gelandet“, so Becker. Bereits während seines Elektrotechnik-Studiums jobbte er hier – und dies zu einer Zeit, in der sich die technischen Anforderungen an Theaterproduktionen wandelten, vermehrt auch Musicals aufgeführt wurden. „Es galt, Brücken zu bauen zwischen technischen Möglichkeiten und künstlerischen Ideen“, so Becker. Ein Weg, den er im Laufe seiner weiteren beruflichen Karriere nicht mehr verließ. Eine Frage habe für ihn immer im Mittelpunkt gestanden, so Becker: Wie lassen sich künstlerische Ideen und Herausforderungen mit Hilfe von Technik lösen?
Deshalb hat sich Becker bereits im Laufe seines Studiums selbstständig und in den folgenden Jahrzehnten einen Namen in der Veranstaltungsbranche gemacht. In „normalen“ Jahren bestückte das Unternehmen rund 700 Veranstaltungen insbesondere mit Licht- und Tontechnik, aber auch mit innovativen Bühnenideen. „Ich war schon immer ein Bastler, der sich an neue Möglichkeiten herantastet.“
Er stattete Produktionen für den SWR aus, für Veranstaltungen und Sendungen des ZDF, außerdem betreute er mit seinem Unternehmen alle Veranstaltungen des Rheingau Musik Festivals. Das Unternehmen wird nun von seinen Kindern weitergeführt. Keine leichte Zeit für eine Firmenübergabe? „Es ist in der Tat keine leichte Zeit, wenn immer wieder Termine kurzfristig storniert werden“, so Becker. „Aber meine Nachfolger haben nun Zeit, sich langsam her- anzutasten.“

Mitten drin

Becker selbst tastete sich an seine neue Aufgabe nicht erst langsam heran, schon bei seinem Vorstellungsgespräch war er mitten drin und präsentierte erste Konzepte zur Weiterentwicklung der Ingelheimer Veranstaltungslandschaft.
Und er muss Veranstaltungsorte vermarkten in einer Zeit, in der Veranstaltungen nicht angesagt sind. Unter anderem tut er dies, indem er die Kompetenzen des IKUM-Teams und die technischen Möglichkeiten in Bezug auf hybride Veranstaltungsformate herausstellt. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen – von Firmenevents, Kongressen und Seminaren bis hin zum Streaming von Konzerten – konnte das Team mittler- weile als hybride Formate veranstalten und so die technische Kompetenz unter Beweis stellen. „Dabei betreuen wir nicht nur die technische Seite, sondern beteiligen uns auch mit kreativen Ideen in Bezug auf die Umsetzung“, so Becker. Bei der Planung eigener Veranstaltungen in Ingelheimer Locations will er in Zukunft deren spezielles Profil schärfen und so das Zusammen- spiel von Veranstaltungsort, dessen Flair und Eigenheiten schärfen. „Es muss nicht alles überall stattfinden – und wir müssen Dinge auch mal sein lassen.“
Unter anderem sind bereits für den Juli wieder Veranstaltungen geplant. „Unsere Aufgabe ist es, die Kultur wieder nach draußen zu bringen.“ •T.S.

Zur Person
geboren 1964 in Mainz
1984 Abitur am Mainzer Gutenberg-Gymnasium
1984 bis 1989 Studium der Elektrotechnik
1987 Gründung des eigenen Unternehmens BST – Becker Studio Technik, Fortbildungen zum Meister in Beleuchtungstechnik und Bühnentechnik sowie zum Fachmeister für Veranstaltungssicherheit
seit Anfang 2021 Geschäftsführer der IKUM